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In-depth with Cortese: "Du musst immer daran denken, wo Du herkommst"

Thursday, 2 May 2019 08:25 GMT

Rivalitäten, Respekt, Kulturkollisionen und die Flucht vor dem Rampenlicht, der deutsche Fahrer öffnet sein Leben jenseits der Strecke

29 Jahre alt, Deutscher mit italienischen Wurzeln, erster Moto3™ Weltmeister und der aktuelle World Supersport Weltmeister. Sandro Cortese (GRT Yamaha WorldSBK) ist einer der wenigen Auserwählten, die in beiden Serien der Motorradweltmeisterschaft Erfolg hatten und bleibt dennoch demütig, entspannt und fröhlich. Schließlich ist er einfach, nach seinen eigenen Worten, ein normaler Kerl, der seinen Traum lebt.

Ich wohne eine Stunde von München entfernt in einer sehr kleinen Stadt mitten auf dem Land.Es ist die Gegend, in der ich geboren und aufgewachsen bin. Ich liebe die Ruhe und Stille, es ist das Gegenteil von den Rennwochenenden. Es ist ein sehr guter Trainingsplatz mitten in der Natur.

Die Leute, die um mich herum leben, sehen mich nicht als Fahrer.Die Leute, die neben mir wohnen, sind Leute, die mich kennen, seit ich im Kindergarten war und älter wurde, seitdem haben sie geheiratet, Kinder bekommen und ich kenne sie seit vielen, vielen Jahren. Ich bin nur ein normaler Typ, der dort lebt. Und es ist schön, nicht die ganze Zeit gefragt zu werden. Warum hast Du das schlecht gemacht? Warum hast Du das gut gemacht? Wir sprechen nicht über meine Arbeit.

Meine Freundin ist gerade bei mir eingezogen.Sie hat ihr Studium beendet und nimmt jetzt einen Job in der Nähe meiner Heimat an. Zum ersten Mal in meinem Leben mit einem Mädchen zusammenleben! Habe ich Angst? Weiß nicht [lacht], keine Angst, es ist ein neues Kapitel in meinem Leben. Es ist nicht dasselbe, jetzt ist es unser Zuhause. Aber ich freue mich darauf.

Ich versuche mein Leben sehr privat zu halten.Viele Fahrer posten alles, was sie tagsüber tun. Instagram bedeutet für mich, die Arbeit, das Training und manchmal etwas von meiner privaten Seite zu zeigen. Aber es ist immer noch mein Privatleben und für mich wird es immer wichtiger, es auch privat zu halten. Natürlich ist es wichtig, in der Nähe der Fans zu sein, aber ich denke, sie respektieren es, wenn ich nicht alles zeige.

Ich bin eigentlich zu drei Vierteln Italiener…Mein Vater ist Italiener und meine Mutter wurde in Deutschland geboren, aber die Großeltern waren alle aus Italien. Es ist schwer zu sagen, was ich bin, natürlich habe ich einen deutschen Pass, ich bin in Deutschland aufgewachsen und fühle mich deutsch, aber manchmal kommt schon auch italienisches Blut durch.

Zu Hause sprechen wir meistens Deutsch, weil mein Vater mit 17 Jahren hierherkam und meine Mutter hier geboren wurde, ist Deutsch die Hauptsprache. Wenn wir italienisch sprechen, ist es der "Süditaliener", eben aus Kalabrien.

Aus Italien habe ich die Leidenschaft. Manchmal sind die Deutschen zu leise, da habe ich eher das von der italienischen Seite. Aber in Bezug auf die Organisation, wie ich mit der Arbeit konfrontiert bin, denke ich, dass ich viel Deutsches in mir habe. Zum Beispiel hasse ich es, zu spät zu kommen. Wenn um 9:00 Uhr ein Meeting ist, bin ich um 8:55 Uhr fertig und nehme es ernst. Und wenn andere Leute dies nicht tun, werde ich wütend!

Ich liebe das Kochen.Wenn ich nicht trainiere, koche ich jeden Tag mein eigenes Essen, gesundes Essen. Ich habe einen kleinen Hund und ich spiele die ganze Zeit mit ihm. Ich spiele auch viel mit meinen Freunden Poker, online und bei Turnieren. Dies ist mein größtes Hobby, wenn ich Freizeit habe und nichts zu tun habe, spiele ich Poker.

Ich bin auch viel mit dem Fahrrad unterwegs.Ich hasse es, drinnen zu sein. Natürlich ist das Wetter in Deutschland nicht immer perfekt, deshalb muss ich manchmal auf dem Fahrrad im Regen fahren. Aber wenn wir, sagen wir, "plus Grade" haben, versuche ich nach draußen zu gehen und die Natur zu genießen.

Ich habe mit 3 Jahren mit einem PW50-Motocross-Bike angefangen.Mein Vater hat es mir zum Geburtstag geschenkt, von da an hat alles angefangen.

Mein Held war immer Valentino, seit ich ein kleines Kind war.Wenn man es verfolgt, mit welcher Leidenschaft er mit 40 Jahren noch Rennen fährt, ist das unglaublich.

Das Beste, was in meinem ersten Jahr bei WorldSBK passieren konnte, ist, den erfahrensten Fahrer als Teamkollege zu haben. Jeder hat seinen eigenen Fahrstil, aber was die Arbeit in einem Superbike Team angeht ist es schon anders, ich habe immer mit kleineren Teams gearbeitet und jetzt ist plötzlich alles so groß. So wie er die Arbeit angeht, da ist Marco das perfekte Beispiel. Er war sehr erfolgreich. Ich bin ein bisschen in seinem Schatten, was wiederum bedeutet, dass ich wachsen kann.

Der beste Teamkollege, den ich hatte, war Zulfahmi Khairuddin. Wir haben ein Jahr zusammen verbracht, wir waren 2012 in einem Team, als ich bei Ajo war. Ich liebte die malaysische Mentalität und wie er sich benahm. Er war nicht nur mein Teamkollege, sondern auch einer meiner besten Freunde im Fahrerlager.

Freundschaften im Fahrerlager zu haben, ist möglich, aber nicht mit anderen Fahrern. Ich denke, Zulfhami war der einzige richtige Freund, in all den Jahren, die ich im MotoGP™ Fahrerlager oder hier verbrachte. Wir fuhren in einem Team, haben uns angefreundet und sind nach all den Jahren noch immer befreundet.

Der härteste Rivale, dem ich je begegnet bin, war Luis Salom.In jeder Klasse, in der ich gewesen bin, hat er mit mir gekämpft! Es begann 2009, in der 125ccm: Wenn ich Achter war, wurde er 9., wenn ich 6. wurde, war er Fünfter. Abseits der Strecke respektierten wir uns sehr. Als ich den Moto3™ Titel gewann, gratulierte er mir als erster. Da habe ich immer noch das Bild vor mir. Nicht einmal meine Eltern waren vorher da, er war er erste.

Meine Eltern haben mir beigebracht, jeden zu respektieren, mit dem man arbeitet,denn jeder ist genauso wichtig. Das ist vielleicht das, was einige junge Fahrer falsch machen. Sie kommen in die MotoGP™ und glauben, dass sie zehn Meisterschaften gewonnen haben. Das ist das Schlimmste, was man tun kann. Du bist ein normaler Typ, der das Privileg hat, dies für ein paar Jahre tun zu können und dann ist Deine Karriere beendet. Du musst Dich immer daran erinnern, wo Du herkommst, was Du tust, warum Du und die Menschen um Dich herum hier sind.

Bei Kallio Racing zum Beispiel haben wir gemeinsam gewonnen, ich gehe sie besuchen, wenn ich kann. Wenn wir uns sehen, plaudern wir. Respektierst Du die Menschen, mit denen Du gearbeitet hast oder mit denen Du auch nicht gearbeitet hast, sagen Sie Hallo. Manche Leute kommen heutzutage einfach an Dir vorbei und es gibt kein Hallo. Sei einfach nett. Was Du gibst, kommt wieder zu Dir zurück.

Verfolgen Sie jeden Schritt der ersten WorldSBK Saison von Cortese mit dem WorldSBK VideoPass.